Aufsteiger BCG will in der 2. Regionalliga für Furore sorgen

Von Hagen Schneider

Basketball. Es war eine mitreißende Saison mit dem Aufstieg als Höhepunkt: Passend zum 40-jährigen Vereinsjubiläum des heimischen Basketball-Aushängeschildes BC_Gelnhausen spielen die Barbarossastädter nach der vierten Oberliga-Meisterschaft in der am Samstag beginnenden neuen Saison zum dritten Mal in der 2. Regionalliga. Den eingespielten Gelnhäusern, die mit einem breiten und qualitativ starken Kader in die Runde gehen, ist sicherlich auch eine Liga höher die eine oder andere Überraschung zuzutrauen. Coach Sven Blendin, der bereits in sein 14. Jahr an der Seitenlinie geht, gibt einen Mittelfeldplatz als Zielsetzung aus.

Die Vorbereitung auf die neue Spielzeit lief allerdings alles andere als rund. Ferien, Urlaub, studientechnische Verpflichtungen, Weiterbildungen, coronabedingte Ausfälle – „wir waren bis auf vielleicht die erste Woche kein einziges Mal annähernd komplett“, so Blendin.

Umso wichtiger, dass es beim BCG keinen großen personellen Umbruch gab. Im Gegenteil: Die Meistermannschaft der Vorsaison blieb bis auf den zur zweiten Mannschaft abgewanderten Jens Grassmann zusammen. Selbst der eigentlich zurückgetretene Forward Dennis Köchling hängt noch ein weiteres Jahr dran. Die Tatsache, dass man seit vielen Jahren eingespielt ist, könnte zum großen Faustpfand werden. Es scheint also alles angerichtet für eine weitere erfolgreiche Gelnhäuser Saison.

Mittelfeldplatz als Saisonziel

Wo man sich im Vergleich zu den anderen Mannschaften der neuen Spielklasse leistungsmäßig einsortieren wird, ist allerdings extrem schwer zu prognostizieren. Auch für Coach Blendin: „Auch in der Regionalliga ist es im Vorfeld schwierig, sich einen Überblick über die anderen Teams zu verschaffen. Ich schätze uns aber stark genug ein, um jeden Gegner ärgern zu können.“

Kann der Aufsteiger aus Gelnhausen_am Ende sogar zum Überraschungsteam werden? „An guten Tagen ist es sicherlich schwer, uns zu schlagen“, demonstriert Blendin das Selbstbewusstsein eines amtierenden Hessenmeisters. „Unser großes Plus könnte ein relativ breiter Kader sein. Wir haben ein gutes und ziemlich einheitliches Leistungsniveau in der Mannschaft.“ Was es den Gegnern schwer machen wird, sich auf den BCG_einzustellen. Es könnte Woche für Woche ein anderer Spieler heißlaufen. Mit Jonas Düring, Jonas Müller oder auch Griffin Bauer verfügt der BCG über Akteure, die ein Spiel im Alleingang entscheiden können. Jan Bewersdorf, Freddy Fehl, Fabio Remiorz oder Görkem Cevik sind in Topform ebenfalls nur schwer zu stoppen. Dennis Köchling ist in der Lage, die Lichter jeder Basketballhalle auszuschießen, wenn er einen Lauf von der Dreierlinie hat. Dazu kommt der im Winter zum BCG gewechselte Forward Jan Dammann, der sein großes Potenzial bislang angedeutet, aber noch nicht komplett aufs Parkett gebracht hat. Luca Pillot hat mit seiner speziellen Art auf dem Court ebenfalls das Zeug zum „X-Faktor“. Bereits in der Oberliga hat er so manchen Gegner entnervt.

Dass der BCG mit den neuen Gegnern mithalten kann, war am vergangenen Wochenende beim eigenen Vorbereitungsturnier zu bewundern. Mit deutlichen Siegen gegen die Ligakonkurrenten Eintracht Frankfurt und SG_Weiterstadt setzten die Barbarossastädter ein Ausrufezeichen. „Das Turnier war auch eine Art Botschaft an die Spieler, was alles möglich ist, wenn wir voll konzentriert zu Werke gehen. Vor allem in der Defensive, die ja schon traditionell eine Art ungeliebtes Stiefkind ist, waren wir gut in Schuss“, lobt Blendin, der fordert, dass die Spieler genau da weitermachen. „Jetzt hoffe ich nur, dass die Jungs den Saisonstart nach dem gelungenen Turnier nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das sollte auf keinen Fall die Erkenntnis des Turniers sein. Aber die Gefahr sehe ich als gering an. Ich bin jetzt schon so lange Trainer, ich weiß mittlerweile ziemlich genau, welche Knöpfe ich drücken muss, damit alle Spieler mit klarem Kopf ins erste Spiel gehen.“ Fakt ist: Sollte der BCG-Summercup als Gradmesser für die kommenden Aufgaben taugen, können sich die BCG-Fans auf die Auftritte in der Regio freuen. Blendin jedenfalls ist von der Qualität seines Kaders absolut überzeugt, er warnt aber auch: „Tempo und Intensität sind nochmal höher als in der Oberliga, wir werden uns schnell daran gewöhnen müssen. Das ist schon eine andere Liga – im wahrsten Sinne des Wortes.“ Das Auftaktprogramm biete einen „guten Rundumschlag, was da genau auf uns zukommt. Erst die Eintracht, dann Bad Bergzabern zu Hause, dann auswärts bei Makkabi Frankfurt – nach drei Wochen haben wir aus jeder Tabellenregion des Vorjahres mal einen Gegner gehabt. Dann kann man sicher schon eine erste Bilanz ziehen und besser einschätzen, wo wir leistungsmäßig einzuordnen sind“.

Zu den Favoriten zählt Gelnhausen als Aufsteiger naturgemäß nicht, Coach Blendin hat da andere Teams auf dem Zettel. „Favoriten sind in erster Linie die Teams, die Geld in die Hand nehmen, um den Kader zu verstärken. Wie zum Beispiel Koblenz, ein Nachwuchsteam eines Erstligisten, das mit drei Ex-Profis aus der Pro_B aufläuft. Auch Makkabi Frankfurt war letzte Saison lange im Titelrennen dabei, sie werden sicher wieder ein Wörtchen mitreden. Insgesamt ist die Liga sehr ausgeglichen. Mannschaften wie die Eintracht, Farmteam der Skyliners, sind wandelnde Wundertüten. Da ist Woche für Woche unklar, wer aufläuft.“

Als realistisches Saisonziel für seinen BCG benennt der Pädagoge einen Mittelfeldplatz. „Wenn wir am Ende eine ausgeglichene Bilanz haben, war es sicher eine gute Saison. Minimalziel ist der Klassenerhalt.“ Neben der „nackten“ tabellarischen Zielsetzung sei die Weiterentwicklung der jüngeren Garde mindestens genauso wichtig. „Die jungen Spieler an die neuen, schwierigeren Aufgaben heranzuführen ist eines der Hauptziele. Deshalb haben wir mit Benedikt Anzinger und Konstantin Scheffler auch zwei junge Spieler aus dem eigenen Stall zum Kader der ersten Mannschaft hochgezogen. Auch wenn es gleich Regio für die beiden ist und damit schon ein großer Sprung.“ Auf eine Weiterentwicklung in der höheren Liga hofft der Trainer auch bei Spielern wie Fehl, Pillot oder auch Tarkan Gül. „Sie sollen dort den nächsten Schritt machen. Alle bekommen genug Spielzeit, wir werden immer mit einer relativ großen Rotation spielen. Wir haben ja auch bewusst auf externe Neuzugänge verzichtet. Einerseits um den Eigengewächsen genug Spielzeit zu ermöglichen, andererseits passt das einfach nicht zu uns. Das ist nicht der Gelnhäuser Weg, teure Leute von außerhalb dazuzuholen.“

Ob auch Jonas Müller, langjähriger BCG-Topscorer und nun erstmals in der Regionalliga am Ball, sein ohnehin schon hohes Level noch weiter steigern kann? Blendin glaubt fest daran. Müller, der kürzlich seine Polizeiausbildung abgeschlossen hat und nun im Schichtdienst arbeitet, werde auch eine Liga höher eine tragende Rolle spielen._„Was seine Voraussetzungen und seine Spielweise angeht, passt er super in die Liga. Es wird für eine erfolgreiche Saison nötig sein, dass er wieder viel Verantwortung vor allem auch in engen Situationen übernimmt.“

Ein Ziel sei es aber trotzdem, die Verantwortung grundsätzlich auf viele Schultern zu verteilen. „Als Trainer freut man sich natürlich immer am meisten über ein ausgeglichenes Scoring. Und wir haben viele gute Scorer in der Mannschaft, da kann jeder mal heißlaufen. Und der Spieler, der das heißeste Händchen hat, soll optimalerweise dann auch die meisten Würfe nehmen.“

Das in der Oberliga bewährte Spielsystem wird derweil nicht verändert, nur weil man jetzt eine Liga höher spielt. Es soll weiterhin mit modernem Tempobasketball agiert werden, mit guter und aggressiver Defense als Basis für schnelle Gegenangriffe. „Es hat sich ja am Spielermaterial nichts geändert, deshalb wird sich auch an unserer grundsätzlichen Ausrichtung nichts verändern. Vielleicht liegt der Fokus im Vergleich zur letzten Saison noch etwas stärker auf der Defense. Teil des Wachstums soll definitiv auch sein, dass wir nicht nur offensiv überzeugen, sondern an beiden Enden des Spielfeldes gut sind.“ Wenn dies gelingt, ist dem BCG sicherlich auch in der Regionalliga eine Menge zuzutrauen.